Freitag, 20. Mai 2016

Das Gefühl zu Hause zu sein

Das Gefühl von zu Hause - Am weißen Strand

Das erste Mal kam mir die Idee zu der Geschichte, als ich am Strand von Hvide Sande saß und auf die aufgewühlte Nordsee schaute. Die Möwen kreisten über den vorderen Wellen und vom Hafen aus fuhr der erste Krabbenkutter hinaus. Der Hund meiner Schwester tollte mit meiner Tochter in den Dünen herum und mich umkreisten ein paar zwanglose Ideen. Ich genoss diese wunderschöne Gegend.
Meine Buchfiguren tauchen oft sehr unvermittelt in meinen Gedanken auf. Robin kam hingegen langsam, aber sehr zielsicher zu mir. Ich stellte mir vor, wie er mit seinem Hund hinter mir den Dünenhügel herunterkommt und am Strand spazieren geht. Es war nur ein erster Gedanke, aber die Figur war sofort sehr präsent, als ich sie zu fassen bekam. Ich spüre sofort, wenn ein Charakter Potenzial hat. Es ziehen viele an mir vorbei, aber nicht alle taugen zum Protagonisten. Hier an den weißen Stränden von Dänemark habe ich den ersten Impuls des Romans gesehen, und ich bekam ihn nicht mehr aus dem Kopf. Zu Hause spann ich das dann weiter. Ich möchte, dass sich die Charaktere selber entwickeln und oft verliebe ich mich dabei in sie. Natürlich ist genau das geschehen und ich konnte nicht mehr davon lassen.
Vor allem Robin hatte es mir angetan. Er war mir einfach total sympathisch, obwohl ich noch gar nicht viel von ihm wusste. Die Details kamen erst beim Schreiben. Ich mag an ihm, dass er eine sehr natürliche und realistisch wirkende Figur ist. Seine Geschichte könnte sich genauso abgespielt haben. Robin mag kein absoluter Traummann sein. Er ist zwar sportlich und sieht gut aus, aber er ist sehr zurückhaltend und kämpft mit seiner Vergangenheit. Ähnlich ergeht es Esther, die in Robin einem Mann begegnet, der sie genau deswegen versteht. Mit dem blassblonden Haar und der zierlichen Figur wirkte sie auf mich so zerbrechlich. Ihre Wandlung in der Geschichte hat mich angespornt, denn schlussendlich erkämpft sie sich ihre Stärke.
Eine Nebenperson hat es mir besonders angetan. Robins bester Freund Mika, der junge Fischer. Er war beim Erarbeiten des Exposés eine Nebenfigur, die mir halt spontan einfiel und die ich sehr passend fand. Aber schon bei seinem ersten frechen Auftritt dachte ich nur: „Wow!“ Mika ist etwas Besonderes. Ich musste sehr viel über Fischerei und über die Schifffahrt selbst recherchieren. Das brachte mich ihm näher. Er hat sich sehr eigenwillig entwickelt, und ich ließ ihn einfach gewähren.
Besonders fasziniert hat mich der Aspekt, dass Robin ein Schriftsteller ist. Es war gar nicht geplant, dass sich in dem Buch auch annähernd seine eigene Romanidee entwickelt. Diese kleinen Szenen, die Robin in der Story schreibt, gefallen mir ausgesprochen gut. Ich bin immer noch überrascht, wie er Bezug auf sein Leben nahm, aber dabei etwas völlig anderes erschuf. Anfangs kämpft er ja mit dem magischen Aspekt seiner Geschichte, weil es gar nicht seine Schreibrichtung ist. Schließlich lässt er seinen Jeffrey aber selbst agieren und findet seinen Weg.
Beim Schreiben hat mich das Setting selbst inspiriert. Ich war dort schon zweimal im Urlaub und fahre auch dieses Jahr wieder nach Årgab, das ganz in der Nähe von Hvide Sande liegt. Die Dünenlandschaft ist wirklich einzigartig. Ich komme dort zur Ruhe, kann die moderne Welt ein wenig hinter mir lassen. Die Menschen dort begegneten mir bisher immer freundlich, und ich habe mich sofort zu Hause gefühlt. Das Meer und die Dünen vereinnahmen die Gegend, ähnlich wie auf einer kleinen Insel. Es  ist zwar eine Landzunge, aber wegen dem Fjord kommt dieses besondere Feeling auf. In Hvide Sande finde ich trotzdem den Rummel eines kleinen Fischerhafens, kleine Boutiquen und charmante Restaurants. Eine weitere Intention, diese Geschichte weiterzuverfolgen war auch die Sehnsucht zu diesem Ort. Als der Urlaub vorbei war, fehlte mir die Atmosphäre der dänischen Küste. Und wenn ich darüber schrieb, durfte ich immer ein wenig dorthin zurückkehren. Dieses Gefühl ließ alles unglaublich lebendig wirken, auch die Figuren, denn sie waren nun ein unauflösbarer Teil davon.